Außerschulische Lernorten in die Lehrkräftebildung integrieren

Hintergrund

Am Freitag, 26. August 2022, lud das Institut für Didaktik der Geschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster unter Leitung von Prof. Saskia Handro zum zweiten Expert:innen-Workshop “Professionalisierungsprozesse vernetzt denken” im Rahmen des Projekts “#Gedenkstättenkompetenz – Lernen an und mit außerschulischen Lernorten” ein. Der ganztägige Workshop richtete sich vorrangig an Fachseminarleiter:innen des Regierungsbezirks Münster und konnte an ein etabliertes Austauschformat des Instituts anknüpfen.

Die rund 25 Akteur:innen der ersten und zweiten Phase der Lehrkräftebildung nutzten den Workshop, um mit den überwiegend digital zugeschalteten Bildungsteams der projektbeteiligten Lernorte in Austausch zu treten. Seitens der Bildungsteams waren neben dem Geschichtsort Villa ten Hompel in Münster, das Stasi-Unterlagen-Archiv, die Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde, die Gedenkstätte Berliner Mauer, die Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße sowie der Lernort Keibelstraße in Berlin vertreten.

Aus den jeweiligen professionsspezifischen Perspektiven reflektierten die Teilnehmenden gemeinsam ihre bisherigen Erfahrungen und aktuellen Bedarfe in der gemeinsamen Gestaltung von Archiv- und Gedenkstättenbesuchen mit dem Ziel, das Lernen an und mit außerschulischen Lernorten zu optimieren und die Vermittlung entsprechender Kompetenzen phasenübergreifend in die Lehrkräftebildung zu integrieren.

Austausch

Erfahrungsaustausch zu Gedenkstättenbesuchen

Die Workshop-Teilnehmenden bei der Arbeit, © WWU Münster

Der erste Teil des Workshops führte in das Projekt #Gedenkstättenkompetenz ein und bot die Gelegenheit, in den Austausch über Erfahrungen mit Gedenkstättenbesuchen in der ersten und zweiten Phase der Lehrkräftebildung einzusteigen. Bereits in ihrem Impulsvortrag hob die Fachseminarleiterin Katrin Kupferschmidt das große Potential von weniger bekannten Lernorten hervor und mahnte eine (noch) stärkere Verzahnung zwischen Gedenk- und Bildungsstätten an.

In der Diskussion wurde zudem darauf hingewiesen, dass eine aufeinander abgestimmte Auswahl und reduzierte Anzahl von besuchten Gedenkstätten während einer Exkursion den Lernerfolg bei den Zielgruppen steigern könnte. Prof. Saskia Handro verwies in diesem Zusammenhang auf die besondere Herausforderung für angehende Lehrkräfte, die Rolle des zukünftigen Vermittlers einzunehmen. Hierfür müssten sie ihren analytischen Blick auf Ausstellungen und angebotene Bildungsformate schulen und könnten enorm vom Austausch mit den Bildungsteams profitieren.

Die Vorstellung der digitalen Fortbildung „Geschichte verorten – Drei historische Orte zur DDR-Geschichte in Exkursion und Unterricht“ zeigte auf, wie ein solcher Austausch angeregt und bereits in Fachseminaren eingesetzt werden kann: Die Bildungsteams der beteiligten Lernorte in Berlin – die Gedenkstätte Berliner Mauer, der Lernort Keibelstraße und das Stasi-Unterlagen-Archiv – führten in ihre jeweiligen Ausstellungen und Bildungsformate ein und stellten sich den Rückfragen der Teilnehmenden. Das Format wurde mit großem Interesse aufgenommen und die Erprobung mit Referendar:innen im Fachseminar angeregt.

Weitere Informationen zum digitalen Angebot finden Sie hier:

Vermittlung

Phasenübergreifende Vermittlung von #Gedenkstättenkompetenz

Impulsvortrag von Felix Ostermann, © WWU Münster

Der zweite Teil des Workshops widmete sich schließlich ganz gezielt den Möglichkeiten der phasenübergreifenden Vermittlung von #Gedenkstättenkompetenz. Ausgangspunkt waren die Präkonzepte von Geschichtsstudierenden der WWU (Sommersemester 2022), die Felix Ostermann, Mitarbeiter am Institut für Didaktik der Geschichte, ausgewertet hatte. In seinem Impulsvortrag wies er darauf hin, dass nur ganz wenige Studierende eine „Förderung der Urteilsbildung“ als Lernpotential einer Gedenkstätte erwarteten oder davon ausgingen, vor Ort geeignete Lernangebote vorzufinden. So ließe sich annehmen, dass ein Großteil der Geschichtsstudierenden über die inhaltlich wie methodisch vielfältigen Bildungsangebote von Gedenkstätten wenig Kenntnisse haben.

Von dieser Bedarfsanalyse ausgehend führte Saskia Handro in den Ansatz von #Gedenkstättenkompetenz ein. Mit Verweis auf die jeweils spezifischen Herausforderungen des Gedenkstätten- und des Kompetenzbegriffs betonte sie die heuristischen Qualitäten der #Gedenkstättenkompetenz. Es gelte, das Konzept an etablierte Kompetenzmodelle anzubinden, um sich sodann im Rahmen des Projekts auf zentrale Kompetenzdimensionen zur Professionalisierung von Geschichtslehrkräften konzentrieren zu können. Als Bausteine für die Modellierung dieser Dimensionen erkannte sie die bereits eingeführten Präkonzepte der Studierenden sowie phasenspezifische Professionalisierungsmodelle und die Lernpotentiale der Gedenkstätten. Vor diesem Hintergrund widmeten sich die Teilnehmenden im weiteren Verlauf des Workshops der gemeinsamen Arbeit in Gruppen: Zuerst formulierten die Fachseminarleiter:innen ihre Anregungen zu #Gedenkstättenkompetenz in der zweiten Phase der Lehrkräftebildung und schließlich erarbeiteten sie gemeinsam mit den Bildungsteams Felder einer zielführenden Vor- und Nachbereitung von Gedenkstättenbesuchen mit Schulgruppen, um sodann die Möglichkeiten zur weiteren Entwicklung dieser Formate im Rahmen des Projekts zu diskutieren.

Die Arbeitsergebnisse:

Die Diskussionen des Workshops wurden aufgezeichnet und es besteht die Möglichkeit, die Aufzeichnung anzuhören. Wenden Sie sich hierfür an folgenden Kontakt.

Fazit

Der Workshop im Gesamtprojekt #Gedenkstättenkompetenz

Digitale Beteiliung am Workshop – Frau Dr. Passens (SBM) hat das Wort. © Bund für Bildung e.V.

Die Veranstaltung in Münster setzte ganz wesentliche Impulse für die weitere Zusammenarbeit zwischen den Akteur:innen der akademischen und schulpraktischen Lehrkräftebildung mit den Bildungsteams der außerschulischen Lernorte im Rahmen des Projekts #Gedenkstättenkompetenz, die in den kommenden Monaten fortgesetzt und intensiviert wird – nicht zuletzt durch die Konkretisierung und Erprobung von Vor- und Nachbereitungsformaten.


Der Workshop konnte von der Einbindung in den bereits bestehenden Diskussionszusammenhang zwischen Akteur:innen der akademischen und schulpraktischen Lehrkräftebildung im Rahmen des Studientags an der Universität Münster unter Leitung und Moderation von Dr. Christian Winklhöfer vom Institut für Didaktik der Geschichte profitieren. Die Projektpartner danken für diese Möglichkeit ganz herzlich!

Inhaltlich schloss der Workshop an den Auftaktworkshop des Projekts #Gedenkstättenkompetenz im November 2021 an, auf dem bereits zentrale Fragen der Vernetzung von erster und zweiter Phase der Lehrkräftebildung mit Fachseminarleiter:innen des Regierungsbezirks Münster diskutiert wurden. Ein Treffen zur Fortführung der aktuellen Diskussionen ist für März 2023 geplant.

Titel-Bild:
© WWU Münster